Grunge als Lückenotto der Generationserwartungen

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Der Waran: 
 Im ersten Absatz fehlen nur die Jeans-, Zigaretten- und Heroinmarke.

Vor zwanzig Jahren starb Kurt Cobain: Der letzte große Rockstar   - www.faz.net

Dann schon im zweiten Absatz ein neues Buch zum Thema^^
Oh Gott jeder Absatz kübelt weiter CI aus mein aneurysm platzt gleich
Sie setzen im letzten Absatz dann trotz dieses Anfangs noch die Krone auf den Kothaufen. Oh wow. Ich brauche jetzt ne Camel, Opiate und ne Browning für den Kopf.
Also es lohnt sich, wenn du den maximalen PR-Ekel für die bürgerliche demographic willst


Henoth:

stimmt, aber zumindest die Marke des Schrotgewehres wurde genannt: Die Browning Auto-5, tja, und damit auch Cobain, der laut dem Artikel zusammen mit dem Seattle Grunge überhaupt erst geschafft hat die wiklich komplexen Gefühle der Massen (Angst und schmerz) zu treffen, passen ganz gut zusammen. Mit seinem Underdog Image, obwohl er "kurzfristig Elvis Presley (sic!) in der Liste der „am besten verdienenden Toten“ ablöste", ist er nicht totzukriegen. Er ist im ständigen Leerverkauf seiner inhaltslosen Schmerzkiste und damit auch noch sehr erfolgreich. Aber man würde nicht behaupten der Beste. Das war er nicht. Vielleicht die Nummer 2. Genau so wie seine Remington 11, ein Lizenzbau von Moses Brownings Patent der Selbstladeflinte Auto-5.


        "Finally, in 1998, manufacture of Auto-5s ceased except for a few commemorative models created at FN in 1999. By that time, it was well established as the second-best-selling auto-loading shotgun in U.S. history, after the Remington 1100." - wiki



Der Waran:

Fun fact am Rande : schon mal bemerkt, dass es ab 1996 praktisch keine Nirvana-Poster mehr gab, sondern nur noch Unmengen von Cobain-Postern? Hätte er für die Fotos, die man dafür verwurstet hat, mit der Remington statt seiner Browning slebstladeflinte posiert, würde das Teil noch gebaut werden.



Henoth:

Und der Song "smells like teen spirit" soll als Indikator die Bedeutung der Grunge-Legende verdeutlichen. Obwohl man hier das ja eigentlich nur zynisch gemeint haben kann, wenn man zur Zeit von einer "Bedeutung für den Grunge" spricht, wenn nicht nur der Grunge selber bedeutungslos geworden ist und in Vergessenheit geriet, wie die Überschrift des Artikel suggeriert.



Der Waran:

Grunge ist ja auch nur dank Branding überhaupt noch medial präsent. Schon ewig. Irgendwann hieß es "das ist der Sound der 90er" und das wurde kritiklos von allen Gitarrenfreunden geschluckt. Dabei waren Crossover, Melodicore oder Britpop damals genau so groß und haben länger nachgewirkt, mal ganz abgesehen davon, dass die musikhistorisch relevanten Sachen eh im Techno und Hiphop liefen (kein Jahrzehnt war für Rock weniger wichtig als die 90er). Trotzdem tut alles, was sich irgendwie für alternativ, indie, rockig oder punkig hält so, als wären 90er und Grunge total deckungsgleich.



Henoth:

Hierbei handelt es sich bloß um ein aufgebohrtes Image. Da wird medial etwas aufgebohrt, was in wirklichkeit völlig klein und unspektakulär ist. Das ist auch der Grund, warum es von so vielen überhaupt genutzt werden kann: Im Gegensatz zur Standardmäßigen Gauge 12, mit einem erhblichen Rückstoß, setzte Cobain auf das kleiner Kaliber Gauge 20, welches für Anfänger oder Frauen geeignet ist. Angst und schmerzen für Anfänger und Frauen.


        "The 20-gauge shotgun is popular with shooters who are uncomfortable with the weight and recoil of a 12 gauge gun, and is popular for upland game hunting." - wiki 


Der Waran:

Aber der eigentliche Kern des Artikels (if you're reading it, it's for you)  ist die Rückversicherung für 30-40jährige, dass sie irgendwelche Erfahrungen haben, die für Jugendliche noch relevant sind. Auf der Meta-Ebene, auf der kein neues Sachbuch verkauft wird, ist das Teil des aktuellen Trends unter alt werdenden Journalisten, den Jugendbegriff auf 20-40 auszuwalzen (s. hierzu auch der Youth Mode-Text und die Coverstories des SPIEGEL: Jugend forscht,  Konsum verzicht)




"Wir glauben, dass die Krise, etwas Besonderes darzustellen, nicht länger nur ein Problem junger Leute ist."
- K-HOLE 



Henoth:
Und Charles R. Cross schreibt weiter über Cobain, als würde es wirklich noch jemanden interessieren. Nach der Biographie und dem Behind-the-scenes-Buch nun das aus der Tube quetschen, was inzwischen durch nicht-Benutzung alt geworden ist und auch alle anderen Post-mortalen Erscheinungen und Zahnpastareste im Spülbecken. K-Hole haben schon recht, wenn sie prognostizieren, dass Ihnen die demogrphics verwischen. Aber nicht so wie sie es selber erwarten nutzen zu können. Nicht so, wie Cross denkt, dass sein Buch ankommen wird - weil sich die ältere Generation neu erfindet und den Rausch des Jugendbegriffes bewusst auswalzt und bewusst über ihre Konsumschatten springt. Sondern weil sie durch die Reinwaschung über die Popkulturelle konformität bei Legendenbildung irgendwie keiner mehr zwingt zuzugeben, dass es schon immer scheiße war, sich so zu verhalten, dies zu konsumieren. Es erzeugt ganz im Gegnteil eben auch schon lange keine Polarisation mehr, wenn man ein Nirvana Sticker irgendwo aufnäht.




"[The music of Nirvana to me means that] mainly a huge chunk of my life that is gone. All sorts of of sadness and longing for someplace I can never go back to are associated with that fuggin guy. That band dominated popular culture for what at the time seemed like a helluva long time -- omnipresent while I lived through a lot of changes as a young man. He was exactly the same age as myself. This dirty little humble greatness guy. Sad and angry got huge." - Courtney Taylor-Taylor, The Dandy Warhols








 
dazu der Weltenrichter: "jesus wants me for a sunbeam
und damit meinte kurt cobain das hier: wiki"



Charlton Heston begrüßt und ich koche euch

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Unser geschätzter Cartellbruder Trichter hat mir einen Artikel geschickt.


Der erste Satz davon fasst diesen auch vollumfänglich zusammen - ist er doch gleichzeitig Selbstkritik und Zusammenfassung des im Text beschrieben Geschäftsmodells. Der Artikel könnte sogar nach diesem Satz enden und niemand wäre an Information verhungert:

Eigentlich hatte Rob Rhinehart mit Essen so gar nichts am Hut. - Die Zeit

Rob will nämlich endlich irgendwas teuer verkaufen. Doch die Idee, dass er Essen scheiße findet ist ungefähr so fundamental interessant für die Firmenentwicklung, wie wenn er behauptet hätte, dass seine Firmenzentrale vollständig ohne Toilette auskommt. Ob es nun Soylent 1.0 oder das weniger süße Soylent 1.1 sein darf, das spielt keine Rolle für Rob's Kunden, die sich mit weißen Verpackung vollständig identifizieren können.

"Essen war eine große Belastung", schrieb Rhinehart in einem Blogeintrag. - Die Zeit

Dieses dumme Schwein, das jenen Blogeintrag damit zu erzählen beginnt, dass Friedrich Wöhler ja als Häretiker der organischen Chemie, selbst einmal Urin synthetisierte - uiuiuiui!

 „Ich kann, so zu sagen, mein chemisches Wasser nicht halten und muss ihnen sagen, daß ich Harnstoff machen kann, ohne dazu Nieren oder überhaupt ein Thier, sey es Mensch oder Hund, nöthig zu haben [...] - Friedrich Wöhler Brief an Berzelius 1828
Dieser Rob möchte mich nun auf den Geschmack bringen, seine Lösung zu erwerben, mit der wenig reizvollen Begründung, alles auf der Welt wäre ja aus einzelnen Teilchen zusammengesetzt (Oatmeal sieht es allerdings ähnlich). Dieses dumme faule Schwein. Zu faul zum Fressen, wirft im die Zeit vor.

Und warum das ganze? Nicht etwa weil er keine Zähne mehr hat/ haben will oder weil er es wirklich ernst meint mit der Ernährung, denn das meint er nicht, wenn er das Produkt als nicht-medizinisch verkauft (denn dann ist es Lifestyle, sorry) und außerdem vorsichtig erwähnt, dass es ja nur eine Nahrungsergänzung ist, die auf die unnötigen Sachen eben einfach verzichtet. Was eine schnelle Schlußfolgerung nach sich ziehen sollte, die keinen Zusammenhang zwischen klugen Schlüssen und dem ingestieren dieser Produkte herstellt.




Vielleicht spart man ja auch daran? Na klar. Wenn man an irgendwas sparen sollte dann ist es doch schließlich der Fraß oder nicht? Die Antwort ist für viele Ja! MEHR EINKAUFEN STATT MEHR BEZAHLEN. Denn wenn ich mein Lebens gestalte, dann immer mit dem Blick auf die Quantität. Völlig klar. REWE hat die besten Tipps für meinen Lebensstil. Selbst John McRea hat sich in einem interview, dass ich neulich las, nicht zurückhalten können und Tipps zur Lebensgestaltung (für Musiker) zu geben. Sein Tipp:

Cheap rent.  [...] That is the thing to focus on. If there is anything in your way then you have to get rid of that. If you are paying a bunch of rent for a nice apartment, live in a shitty apartment. That is my advice.  - John McRea von Cake im Interview mit AllAccess.com

Aber die Antwort auf die Frage, ob man mit Soylent sparend speisen wird, ist wie immer ganz einfach: auf keinen Fall, du Idiot.

Und zwar nicht aus logistischen Gründen, oder etwa weil es High-Tech-Essen ist (was es suggeriert, aber nicht ist), welches als Arbeit und energieverschlingendes Produkt eben gutes Geld kosten mag, so wie man es für handgezüchtete Kaffeebohnen oder Berliner Altbau-Haze gutes Geld ausgibt - sondern weil es ein Lifestyle-Produkt ist.  Und dafür hast du einfach verdammt noch mal all deine Sparschweine zu knacken.


Why not just put the work in to eating “real” food? – Your computer is slow? Just be more patient. No. Make it faster. By automating the essentials of living we can enjoy life more. Less cooking and cleaning means more math and music. - Rob

Rob sagt zwar, er steckt die Arbeit in Soylent, weil er einfach noch schneller leben können möchte, ohne den unnötigen Ballast, den so eine Rumesserei mit sich bringt. Aber in Wirklichkeit meint er dass er schneller leben kann, weil sich Soylent so schnell und gewinnbringend verkauft:

gif von der soylent site, zum "Beweis" auf der Seite für die massenhafte Auslieferung

"Schneller leben" so ein ausgemachter Unsinn. Das hatten wir doch schon im letzten Dezember ausführlich zerkaut, wo folgender Slogan Leitmotiv war:
“Fanta Lemon enthält den Zucker, der Dir die Energie für Deinen aktiven Lebensstil gibt.” 
Und bei der Hölle ist mein Lebensstil aktiv. Ich habe nicht mal Zeit mir ein Brot zu schmieren (US amer.: "sammich") geschweige denn einkaufen zu gehen. Fast Food ist viel zu ungesund, was  bleibt mir (als US Bürger) anderes übrig als zu den (sugar frosted fat) Cerealien zu greifen. "Cereals", welche merkwürdigerweise immernoch das Image als healthy product in den Köpfen der nichtsnutzigen Eltern haben, welche auch alle Kunden von Robs Soylent werden würden.



art by Ron English
Und jetzt wirds wieder laut im Raum, ihr werdet ungehalten und ihr sagt, als ob es eure Mami euch jeden morgen vorgebetet hätte, Henoth Getreide und Ballaststoffe sind Teil einer ausgewogenen Mahlzeit! und dass man ja bloss nach der Ernährungspyramide essen sollte. Und während ihr noch weiter auf den Kohlenhydraten von Weißmehl und Kristallzucker herumspeichelt bestellen sich andernorts bereits die Ernährung 2.0 Jungs mit den schicken iPhones ihr Essen übers Internet. Dass keine Ernährungspyramide einer anderen von einer anderen Behörde/ Institut gleicht sollte doch bereits nachdenklich stimmen. Ob die traditionelle japanische Ernährung mit einem Pfeiler aus Meeresfrüchten und einem aus Reis auch auf der Pyramide ihren Platz findet? Und wenn nicht, ist es dann ungesund?

Ich meine gut, bestellt euch das zeug sofort. Jahresfamilienpackung. Es gibt schließlich keine Alternative. Nicht kein einzige niemals. Wenn nicht ich, wer würde dann euren Hang zum lemminghaften, gedankenlosen und unreflektierten hinterherlaufen nach "Life Hacks" unterstützen? Sortiert euch doch selbst aus. Zu gerne würde ich die Fiktion aus Harry Harrisons Buch Make Room! Make Room! aus dem Jahr 1966 für euch wahr werden lassen und euch bis spätestens 2022 wie im Buch mit Schaufelbaggern von der Straße fegen und euch eigendhändig zu Soylent Green machen.
Charlton Heston darf dann wie in Planet der Affen daneben stehen, während ihr alle in meinem großen Kochtopf im Kreis schwimmt und er schreit bei jeder Ankunft eines neuen Lasters voller Idioten die Begrüßungsworte und mein Lieblingszitat aus letztgenanntem Film und ich rühre:


"You Maniacs! You blew it up! Ah, damn you! God damn you all to hell!" Charlton Heston as George Taylor: Last lines in Planet of the Apes from 1968

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