Finger im Po - Mexiko

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Ein Glanzstück haben wir da. Zum Anfassen für jeden. Das kapiert sogar der letzte Bild-Zeitungs-Trottel. Und so langsam kann man dann auch darauf kommen, was sonst noch so gespin-doctored sein könnte - überwiegend absichtlich sogar.




Böhmermann selbst sagt am Ende seines Videos: "Liebe Redaktion von Günther Jauch. Yanis Varoufakis hat unrecht. Ihr habt das Video nicht gefälscht. Ihr habt einfach das Video nur aus dem Zusammenhang gerissen und einen griechischen Politiker am Stinkefinger durchs Studio gezogen. Damit sich Mutti und Vati abends nach dem Tatort noch mal schön aufregen können: 'Der Ausländer! Raus aus Europa mit dem! Er ist arm und nimmt uns Deutschen das Geld weg. Das gibt's ja wohl gar nicht. Wir sind hier die Chefs! So!' Das habt ihr gemacht. Und der Rest ist von uns." - Zeit.de

Kreditblase auf Deutsch

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Wie macht man eine Kreditblase auf Deutsch?
Nicht so wie die Sub-Prime-Krise in den USA, nein, viel besser: Die FAZ erklärts.

"Im neuen Zeitalter der Mikrozinsen könnte hingegen ein anderes Vorgehen weniger kostspielig sein. Wer langfristig in Aktien anlegt, kann deutlich mehr Rendite erzielen, als er für den Baukredit Zinsen bezahlt. Warum also die Aktien verkaufen und das Geld in das Haus stecken? Es könnte sich vielmehr anbieten, die Aktien zu behalten und beim Kauf des Hauses eine höhere Kreditsumme zu vereinbaren." FAZ

Jedem dem es nun übel aufstößt, dem sei erstmal geraten sich zu fassen, denn es kann ja garnichts passieren. Schließlich:

"Seit den siebziger Jahren erzielten die deutschen Aktien im Dax im Durchschnitt eine Rendite vor Steuern von 8,3 Prozent im Jahr. [...] In diesem Zeitraum haben die Anleger trotz aller zwischenzeitlicher Aktiencrashs nie Verluste gemacht, sondern im schlechtesten Fall zwei Prozent, im besten aber 15,7 Prozent Gewinn im Jahr." FAZ

Mit fremdem Geld zocken ist also völlig ohne Risiko. Und weil wir ja auf keinen Fall so schlechte Kreditvergabekritererien haben wie Fannie Mae oder Freddie Mac, sondern nur an an solche vergeben, die sich auch tatsächlich für ihr Leben lang hoch verschulden, damit sie ein Haus bauen können, genau deswegen ist ja hier alles anders und es kann uns sowas nicht passieren. Nein. Ach.

Da kann man doch eigentlich nur noch dazu raten, NOCH MEHR zu zocken. Ist doch klar. Am besten per Zeitung informieren, damit das gleich ein paar mehr machen, die selber nie auf die Idee gekommen wären. Am besten solche, die es sich erklären lassen müssen. So wie im o.g. Erklär-Bär-Alles-nich-so-schlimm-Artikel der FAZ.

Und ihr werdet sagen Henoth, erzähl keine Scheiße, Du hast doch selber einen Kredit laufen. Und ich könnte euch natürlich den Unterschied zwischen meinem Konotkorrentkredit, dem Factoring das ich abnehme und eurem Darlehen, welches euch austrocknet erklären, aber ich finde ihr solltet es auf die harte Tour lernen. Ich empfehle dazu als erstes, während dieser Niedrigzinsphase:

  • einen weiteren Kredit aufzunehmen, damit man "mehr Geld hat".


Mehr Geld - Wozu?

Die Frage ist nicht wofür wir das Geld ausgeben sollten, sondern warum gerade jetzt plötzlich. Damit das gerade gesponnene Narrativ nicht in sich zusammenfällt, hat die FAZ natürlich schon die Antwort in einem anderen Artikel zusammengedichtet.

"Was genau zu tun ist, weiß der Mitarbeiter der Bank besser als der Feuilletonschreiber; ob man sich mit Aktien oder Immobilien oder ganz anderen Anlagen beschäftigen muss, ist insofern zweitrangig, als es jedenfalls nicht reicht, das Geld zur Bank zu bringen und darauf zu vertrauen, dass es seinen Wert behält oder sogar steigert." - FAZ


"Besser wissen als" ist aber nicht in der Region von "weiß ich ganz genau" sondern eher unter der Postleitzahl "ich vermute mal" zu finden. Dies lässt sich ebenso über die Qualität dieser Relationsthese selbst sagen, so wie auch über seine Einschätzung über die Fähigkeiten des Mitarbeiters irgendeiner Bank. 

Sowieso: Irgendeine Bank -Jede Bank weiss es also Besser. 
Das ist ja schließlich das, was wir in den letzten 10 Jahren toll beobachten konnten: "Wir sind die Dummen." 


Bevor ich mich aber einreihe in die Polemik des Artikels und mich geistig bereits die Augen fürs finanzielle Hinrichtungspeloton verbinde, in dem ich diesen Artikel blind lese, rekapitulieren wir einen Moment.

Man kann also allein an diesem Zitat lesen, der Autor lehnt sich sehr weit aus dem Fenster, und der Artikel "Wohin mit dem Geld? Raus damit!"  muss ironisch gemeint sein. Schon der Titel!


Schauen wir aber auf den letzten Absatz und finden wir gemeinsam heraus, dass... ja was finden wir denn jetzt heraus?

"Für klassenkämpferischen Jubel gibt es also tatsächlich keinen Grund: Wer sein Geld nicht verlieren will, braucht das Geld, das gute Beratung kostet. Es rauszuhauen macht Spaß, hat aber den Nachteil, dass es dann auch weg ist, das schöne Geld. Schulden sind eine Lösung. Aber auch Schulden, das weiß jeder, der welche hat, muss einer sich erst leisten können." - FAZ

Garnichts finden wir heraus. Der Artikel suggeriert uns diverse Notwendigkeiten und es bleibt ein Gefühl der Unsicherheit.
So eine gewundene Scheiße lese ich wirklich selten. 
Das ist doch ein bezahlter Artikel oder nicht?
Der Artikel wurde doch von einer/viele/alle Bank gekauft? 
Das ist doch eine reine Anzeige? 



 
So wie diese:



Ich bin sofort mit allem einverstanden. 
Bekomme ich Payback-Punkte? Ich brauche Payback-Punkte. 
Denn ich werde das Geld niemals zurückzahlen können und von den Punkten bekomm ich ein Möhrenschäler-Set.


*   *  *

n-tv kürt also eine "beste Spezialbank des Jahres" zusammen mit dem Deutschen Institut für Service Qualität (DISQ). Wo sich das umfragengeschulte Marktforschungsinstitut noch schwer tut, macht es sich n-tv griffig und leicht: "Beste Bank" zu sagen, obwohl es lediglich um die Kundenzufriedenheit der des Service ging, brauch schließlich keinen Mut, wenn man nicht nur die Umfragehoheit für sich behaupten kann ("Ihr habt ja selber so abgestimmt!") sondern auch mit einem Institut zusammen arbeitet. Die kleine Bedeutungsverschiebung macht doch Spass. - What could possibly go wrong?


War doch nur Spass


Eine Bank, die ohne zu zögern und mit wenig Problemem Kredite bis 70.000 Euro vergibt, und dazu auch noch einlädt 100€ als Belohnung zu verkosumieren? 
So etwas soll uns also vor UNSERER eigenen SubPrime-Krise schützen? 
Ich glaube nicht daran. Außerdem was lässt sich denn mit 70.000€ sinnvolles kaufen? 
Ein neues Haus? Vielleicht nur die Wohnung? Wohl kaum.

Eher ein Wohnmobil, Segelboot, Sportwagen, Reise, Ferienhaus oder die lange anstehende Operation zur Haarverpflanzung und von den 100€ hab ich mir eine tolle Mütze bei C&A gekauft.

Der Markenname BestChoice ist hierbei geradezu zynisch.
Aber wer Direktbankangebote über die personalisierte Werbung seines E-Mail Providers in Betracht zieht, der liest auch die FAZ, um sich die nötigen Fähigkeiten für den Geldmarkt anzulesen. Für den ist 70.000 Euro eben unerreichbar. Dieser wird als SubPrime eingestuft. 


Voíla. Kurz warten, Blase wird dicker...
Und wer sticht mit der Nadel als erstes rein?


http://dilbert.com/strip/2015-02-24



UPDATE:

Henoth, werdet ihr sagen, nette Verschwörungstheorie höre ich auch raunen und dass ich mich was schämen soll, und ich könnte kontern: "Muss man wissen!" aber es geht eben nicht um Schriftstücke von  Axel Stoll sondern um journalistischen Alltag.