Ein Hoch auf die Sitten, den Verfall der Moral und das Halbwissen dazwischen

|




Und da denk ich gerade, "Einen Kaffee geht noch.", und möchte beherzt aufstehen, mich dem Automaten nähern und meine Bohnen mahlen lassen, da kommt plötzlich etwas neues auf.

Wenn ich sage "Ich klicke schon gar nicht mehr auf alles", da werdet ihr erschrocken innehalten, meine all zu treuen Netzbeschmutzer, und euch sicherlich fragen, wie ich mich anmaßen kann, derlei Urteile zu speien? Wie ich die Urteile also speie, ohne vorher der Verlinkung zu folgen, um mir ein Bild zu machen. Woher der Hass?



Nichts leichter als das

 Denn ich weiß schon was kommt. - Ich kann mit Bestimmtheit sagen, was mich erwarten wird, was mich enttäuscht und welcher erhoffte Klimax nicht erreicht werden wird. Dies kann ich nicht etwa durch besondere Hellseherische Fähigkeiten oder Schummeln mit Google-Site-Preview, oder hierbei, wie man mir hätte nachsagen können, durch den Abgleich mit der Fülle meiner gesammelten  Erfahrungen. Nein, denn bemessen mit Gott, sind meine erfahrenen Weisheiten bisher eher gering.


Google processed about 24 petabytes of data per day in 2009
-the internet


Nachrichten >SchulSPIEGEL >Leben U21 >Soziale Netzwerke > Facebook

Mir reicht der Blick auf den unteren linken Rand, während ich den Mauszeiger über den Link halte (hover over) und Firefox mir die abvisierte URL vorstellt. Wie so oft, ist dort alles enthalten, was ich wissen muss.
Was muss ich denn über die Facebook-Biernominierung sonst noch wissen, als dass die Internetpräsenz eines politisch geprägten, kommerzialisierten und verbreiteten deutschen Periodikas sich auf eine Orangenkiste stellt und ganz laut nachplappert, was vermeintliche Szene-kids gerade twittern. Oder wie in diesem Fall: bereits öffentlich bei Facebook posteten (sic!).

Und diesem nicht genug, wird es auch noch zur offiziellen Stoßrichtung erklärt. Nicht, dass wir gerade keine Trends hätten, denen wir folgen könnten, aber einer, der einen Spiegel-Artikel wert ist, scheint zumindest Potential für Kontroverse zu haben. Denn Der Spiegel möchte in seinem Ressort schließlich keine Trends setzen, oder Verspätete Nachzügler methodisch auffordern diesem zu folgen, nein die Debatte wird hin zum moralischen Überbau gelenkt, welcher geklärt wissen will, an welcher Stelle die Maßlosigkeit in dem Spielchen beginnt. Wie uninteressant.

Selber im studentischen Brauchtum bekannt wirkt diese Biernominierung eher wie ein Abglanz von Burschenschaftlicher Biergerichtsbarkeit. Dies bedeutet in diesen Kreisen bestimmte Rituale mit dem Austrinken eines Gemäßes mit Bier, wie es ganz henau formuliert wird, zu verbinden. Dies wettkampfartig oder verbrüdernd ausgetrunken werden, es kann zur Strafe aufgebrummt oder zum Lob angehoben werden, es kann gleichzeitig zu einem Ritus getrunken werden oder gestaffelt. Man kann also behaupten, es hätte sich bereits eine Subkultur um den Trinkritus geformt.

Jetzt frage ich mich kaum noch, in wie weit kongruent das Verhalten der Biernominierer mit denen der einer Trinkmensur ist und welche Rückschlüsse ich darauf auf die Mitläufer des Trends extrapolieren kann.

Karl Kautsky erklärte 1890: „Das englische Wirtshaus ist ganz anders organisiert, als das deutsche […] (Es) ist nur ein Laden, in dem geistige Getränke verkauft werden; es ist so eingerichtet, daß Niemand sich versucht fühlt, länger drin zu bleiben, als absolut nothwendig, sein Glas zu leeren […] Von einer Geselligkeit, einem Austausch der Gedanken ist da keine Spur.“[22] Das Prinzip der englischen Pubs war also das der Umsatzmaximierung.  - wiki

 Wenn ich also sehe, dass die Nominierung eine elitäre Funktion bedient, welche die Teilnehmer scheinbar mit Stolz erfüllt, sobald sie  den Regeln Folge leisten müssen, und einen bestimmten Kreis von anderen nicht-nominierten abgrenzt, dann sehe ich Studentisches Corpororationsdenken und deren elitäre (Selbst-)Auswahl bestätigt. Ob das nun von Burschenschaftlern stammt wage ich zu bezweifeln, für mich klingt da ganze eher nach Gamma Kappa Pi oder haste nicht gesehen, unreflektiertes, kompetetives, selbstzerstörerischen Narziss Amerikanischer Jugendkultur. Punmkt abgehakt, Herkunft geklärt, jedoch irrelevant. Nächster Punkt Warum also hämmert uns der Spiegel-Artikel (und andere Boulevard-Papageien) dieses Thema um die Ohren, wenn es sich doch bereists (wie ein trend eben so ist) schon von alleine verbreitet?


" Tödliche Gefahr" / "Reale Gefahr?" / "Experten warnen..."

Ah, es hier soll polarisiert werden. "Bitte die Totschläger in die eine Ecke und die Ankläger in die andere!" Spiegel Artikel eignen sich nämlich wirklich gut, um Bevölkerungsgruppen zu mobilisieren. nämlich genau solche, die nicht so genau lesen,. oder es zumindest nicht so genau wissen wollen. Bei RP Online wird es zumindest kurz versucht differenziert darzustellen:
Auch ein 22-jähriger DJ aus Dublin soll "Neknomination" gespielt und an den Folgen gestorben sein. Die irische Polizei bestätigte lediglich den Tod der Männer, aber nicht die Verbindung zum Online-Spiel.  - RP
Den Spiegel (und andere Boulevard-Papageien) interessiert das nicht. Dort wird skandiert, als wäre man Student in einer Vorlesung über Historisches der Gender Studies.

Warum also müssen wir uns wieder mit dem Thema Binge-Drinking beschäftigen?
Warum wird unreflektiert gefordert, dass "videos bei facebook gesperrt werden", um Gefahr zu verhindern?
 Warum werden Kindergartenmethoden angewandt, damit das Spiel auch U18 betrieben werden, wo die Hubschrauber-Eltern dann daneben sitzen bleiben können?

So konkurriert die Biernominierung inzwischen mit Challenges wie der "Fruchtzwerg-Nominierung" - man kann sich denken, wie die Regeln dafür aussehen. - Spiegel

Nicht genug damit, es wird für möglich gehalten:
  • einen halben liter Milch zu trinken
  • "Schulsachen und Kinderkleidung an eine Mitarbeiterin eines Asylbewerber-Heims spenden" - RP
  • " Die Welle einfach mit einer klugen Verweigerung umzulenken, vielleicht sogar eine eigene zu starten." - spiegel

Warum das alles? Worüber wird sich hier eigentlich aufgeregt? Und warum wusste ich schon vorher, was mich erwarten wird, was mich enttäuscht und welcher erhoffte Klimax nicht erreicht wurde. Viel schlimmer ist aber diese schleimige Gefühl, zwischen Menschen zu stehen, die aus der Menge heraus solche Dinge als Reaktion auf etwas Belangloses wie Biernominierung bei Facebook rufen, und dann auch noch meinen damit Anspruch auf Allgemeinheit zu haben.

Seit gefälligst still und schämt euch. Schämt euch genauso sehr, wie jene welche ihr verurteilt. Ihr seid gleichen Fleisches und gleichen Unrats. Lasst eure militante Quäkerangewohnheit einer Schweigekultur weichen, welche die Ignoranz als stärkste Waffe allem im Netz entgegenbringt, was schadhaft oder zersetzend wirkt. Denn Eure stinkende und faule Aufmerkasmkeit dem gegenüber ist der Grund, warum Blumen auf Misthaufen besonders gut gedeihen und warum ich nicht auf den Link klicke, sondern nur vorsichtig mit der Maus darüber schwebe - denn ich weiß bereits, was ich ignorieren muss.



0 Kommentare:

Kommentar veröffentlichen