DER DISTRIKT (2)

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DER DISTRIKT 

Ein utopischer Roman

DER DISTRIKT (0) - Prolog
DER DISTRIKT (1) - Erstes Kapitel
DER DISTRIKT (2) - Zweites Kapitel
DER DISTRIKT (3) - Drittes Kapitel
DER DISTRIKT (4) - Epilog



Zweites Kapitel



Als er Karl am späten Nachmittag per Vid-Schirm von Zuhause aus dem Organigramm strich, fühlte er sich alleingelassen und ausgelaugt. Er konnte nicht anders du hatte auch mit Karl darüber nicht reden können, geschweige denn reden dürfen.

Er sackt auf dem Sofa zusammen. Das kann doch nicht wahr sein, dass alles um einen herum zerfällt. Er lässt sich auf einige wilde Gedanken ein. Er sieht vor seinem inneren Auge wie Dill seinen Plan im Vorgarten ausheckt. Er denkt an die nun leere Wohnung und an Dill, der jetzt irgendwo in seiner neuen Wohnung lebt, in seinem neuen Betrieb arbeitet und wahrscheinlich sein Veränderungen genießt. Jan fragt sich in welchen er Distrikt er denn wohl gewechselt ist. Da die anderen in Konkurrenz zum Bayer Distrikt stehen. Es muss sehr schwierig gewesen sein sich aus dem Lebensvertrag rauszulösen. Sicher musste er das Haus vollständig aufgeben um die Vertragauslösung zu bezahlen. Sicherlich hat er jetzt eine Prol-Wohnung, wie sie südlich vom Gebiet 21 lagen; die einen Großteil der einfachen Arbeiter  des Werks aufnahmen. 

Es war nicht nur der Fakt, dass in der Straße, in der vorher acht Familien wohnten jetzt nur noch 3 wohnten, nein vielmehr war es der Verlust von Karl in seinem Berufsalltag und Dill in seiner Freizeit, die ihn beschäftigten. Er hatte nun niemanden direkten als Ansprechpartner wenn es sich um ein persönliches Gespräch handelt. Er hatte niemandem dem er seine Gedanken anvertrauen konnte und inzwischen war der Druck gewachsen. Sein Potential auf der Arbeit war gewachsen. Er füllte seine Stellung mehr als glänzend aus. Aber was nicht mitwuchs war die Selbstverständlichkeit der Dinge. Ihm wurde nicht klar warum alle ihre Häuser am Waldrand aufgaben, es waren die besten Wohnungen der Mittelklasse. Seine Gedanken lagen förmlich wie Blei auf ihm und Jan konnte ihnen nicht entrinnen. 

Christine war an dem Nachmittag nicht da und Jan überredete sich selbst noch einmal bei Dills Wohnung nach dem rechten zu sehen. Er wusste Dill würde jetzt nicht plötzlich da stehen und ihm einen schönen Abend wünschen, er wusste auch dass dort noch niemand eingezogen war. Trotzdem wollte er noch einmal dorthin. Die Vordertür war seltsamerweise abgeschlossen, aber die Garage stand offen. Sie war komplett leer geräumt. Vorher hatten sich Unmengen von Krempel darin befunden. Von sperrigen alten Schränken, bis Elektroschrott und Gerümpel hatte Dill alles hier gelagert. Wahrscheinlich hatte er auch hier seine Verrückten Ideen gebastelt. Jan steht in der Einfahrt als Blaulicht aufleuchtet und von der Straße ein W.E.R.K.S.C.H.U.T.Z.-Auto auf die Einfahrt zurollt. Ein Mann steigt aus, der sofort seine Taschenlampe in Jans Gesicht richtet. Es war nicht völlig dunkel aber Jan konnte sein Gegenüber nicht erkennen. Er wusste aber mit wem er es zu tun hatte. 

 „Sie streunen hier herum? Gehen Sie bitte aus der Einfahrt und legen sich auf den Boden!“ Seine Worte klangen hohl, wie tausendmal aufgesagt, aber mit Nachdruck und in autoritärem Ton. Jan erhob die Hände und ging auf den Mann zu. Er hatte sogar einen Helm mit Visier und wahrscheinlich sogar schwere Sicherheitskleidung. Er sah aus wie ein kleiner Soldat, als er die Taschenlampe mit einem Handgriff in seinem Gürtel verstaute um mit dem nächsten den Stunner hervorzubringen. „Ich warne Sie ein letztes mal: Legen Sie sich auf den Boden !“ Jan nahm es hin und kniete sich zunächst um sich vor der Garage auf den Boden zu legen. Er bemerkte ein weiteres Fahrzeug eintreffen aber konnte nicht erkennen was es ist.  „Geben Sie mir Ihre ID!“ ruft der Sicherheitsbeamte ihm laut zu. Jan, wie ein Schildkröte, verdreht seinen Arm bis er an seine ID in der Hose kommt. Er reicht sie sichtlich ungelenk an den Polizisten. Minuten vergehen, bis ihm der Mann gestattet aufzustehen und schnellstens in seine Wohnung zu verschwinden. Es hat lange gedauert, bis er ihn als Nachbar identifiziert hatte. „Sagen Sie mal ist ihre ID abgelaufen?“ fragt ihn der Wachmann hinterher. „Nein, nicht dass ich wüsste – ich habe meine neue Stellung auch erst seit einer Woche!“ Der Wachmann blickt ihm weiter misstrauisch hinterher.

Von zuhause aus beobachtet er weiter den Wachdienst W.E.R.K.S.C.H.U.T.Z. Beide Männer sind nun ausgestiegen und unterhalten sich mit den anderen im fremden, zweiten Wagen. Jan kann nicht erkennen wer im wagen sitzt aber müssen mehrere Personen sein und höhere Positionen als der Wachdienst, da sich der Polizist zum hinteren offenen Fenster des Wagens beugt um zu sprechen. Durch die weiter stetigen Arbeiten auf der Baustelle bleibt ihm auch keine Chance Gesprächsfetzen aufzufangen. Alles sehr suspekt. Das hat es noch nicht gegeben in ihrer Straße. Ganz am Ende der Straße brannte noch Licht und zwei Häuser hinter Dill und dem Auflauf löschte jemand gerade sein Licht und ließ die Rollladen herunter. In diesem Moment wurde er Zeuge einer dubiosen Handlung. Er beobachtete wie einer der Bauarbeiter sich aus der Baustelle entfernte und in eines der leeren Häuser hinter Dills Haus ging. Er ging einfach in die Tür und verschwand darin. Beinahe hätte er es nicht mitbekommen, doch jemand stieg aus dem fremden Wagen, auf der Seite des Beifahrers aus und betritt ebenfalls die Wohnung. Jan wurde müde und gähnte. Er beobachtete wie das Licht im ersten Haus ebenfalls erlosch und gähnte ein zweites mal, intensiver. Die Polizisten lösten sich vom fremden Wagen und funkten nun mit ihren ComGeräten an ihrer Sicherheitskleidung jemanden an. Man sah kleine Dioden aufleuchten auf den Kontrollen ihres Headsets. Jan fielen die Augen zu, warum war er plötzlich so müde geworden? Er musste seine Sinne bei sich halten, die ganze Szenerie war zu spannend um jetzt einfach schlafen zu gehen. Er lehnte sich mehr gegen die Wand und duckte sich um an einem Regal abzustützen. Mit schläfrigem Blick schielte er unter dem Vorhang des Fensters durch. Jetzt fuhr der dunkle Wagen beiseite und parkte in einer Bucht, aber keiner stieg aus. Ein dritter Wagen fuhr in die Straße, aber es war ein Wagen der Baufirma und er hielt auch direkt vor der Baustelle. Plötzlich hörte er hinter sich Geräusche.  Er versuchte hinter sich zu blicken, doch seine Müdigkeit spielte ihm einen Streich, er glitt an der Wand nach unten und sackte auf den Boden. Er drehte seinen Kopf und sah ein dunkle Gestalt im Garten beschäftigt. Doch er war einfach so schläfrig geworden, dass er nicht mehr eines seiner Augen offen halten konnte. Er hörte noch wie jemand ein Tür öffnete.


* * *


Jan erwachte auf. Er öffnete die Augen und setzt sich sofort auf. Er befand sich in seinem Bett und neben ihm lag seine Frau. Es war der  Wecker, der sein Bewusstsein in die frühen Morgenstunden bestellt hatte. Das anomale Geräuschmuster des Weckers hob sich aus der Masse der Laute ab, die von draußen hereingeweht wurden.  Er rieb sich das Gesicht. Er wusste sich nicht zu erinnern was er gestern Abend gemacht hatte, dass er sich jetzt so zahnig fühlte. Es hatte eine Einschneidende Veränderung gegeben, doch er wusste nicht wo. Es lag in der Luft und gestern hatte er es gerochen. 
Er machte sich fertig für seine Schicht. Im Betrieb war alles wieder im Normzustand. Die Anlage wurde einfach gefahren ohne Probleme oder Engpässe. Seine Forscherlaune vom Vortag hatte sich aber noch nicht gelegt. Er ging zum Vorarbeiter der Schicht und erklärte ihm, er müsse noch einmal in die Pause. Er entschied sich, bei dem Pförtner seiner Anlage auszuchecken um ein paar Informationen mehr zu sammeln. Er ließ es sich als Amtsgang in seinem Tagesbericht eintragen und von seiner Arbeitszeit abziehen. Anstelle der Verwaltung suchte er das Zentral-Archiv für den Bereich C auf. Dort wurde alles gespeichert und festgehalten, was je im Gebiet C passierte. Er erhoffte sich Antworten aus den benutzerfreundlichen Terminals herauszubekommen. 

Es war kein öffentliches Gebäude und schon gar nicht jede Information stand jedem frei zur Verfügung. Die ID-Card regelte für jeden Menschen im Distrikt die gesamte Bandbreite an Restriktionen. Man konnte Sicherheitsbarrieren der Stufe 4 nicht als einfacher Prol durchquere, auch wenn er im Dienst war. Grosse Teile des  Werks wurden auch nicht selten abgesperrt und mit solchen Barrieren belegt. Es kam vor, dass man mit der Werksbahn, abgesperrte Gebiete umfahren musste; oder man musste sie durchfahren, allerdings wurden dann immer die Scheiben verdunkelt und bei Tag mit Beleuchtung gefahren. Alles zur Sicherheit gegen Werksspionage.

Die Terminals waren sehr spartanisch. Lediglich eine Tastatur und ein Flacher Bildschirm wurden dargeboten. Man konnte in einen Schlitz unterhalb der Tastatur seine ID-Card einführen und der Computer filterte für den Benutzer relevante Informationen heraus und ließ gesperrtes Material außen vor. Jan gab „Baupläne C21, Johann-Gmeiner-Strasse“ ein.  Er wollte etwas überprüfen, von dem er glaubte am Vortag noch sicher gewesen zu sein. Ein Statusbalken macht ihm Bericht vom Fortschritt der Suche im Archiv. Die silbergrauen Tische glänzen noch wie seit ihrem Einbau. Der Raum war sonst leer bis auf de unbestuhlten Terminals. Er fühlte sich aber ganz nah seinen Bestätigungen.

Aber er fand nichts. Entweder verweigerte das System ihm die Auskunft oder es gab wirklich nicht interessantes zu erfahren. Letzteres konnte er sich nicht erklären. Auf dem Weg zurück traf er vor seiner Anlage Karl, aber er sah ganz anders aus. Er war viel hagerer geworden und sein Gang war tranig. „Karl! Grüß dich!“ Jan rief quer über die Straße. „Karl, so bleib doch stehen.“ Jan fuhr mit seinem Lastenrad wieder schnell. Er wollte Karl einholen. Als er näher kommt sieht er einen Mann, der Karl ähnelt, aber der eher wie der ältere Bruder von Karl aussieht. Er war phlegmatisch und von seinen Gedanken eingenommen, so dass Jan gar keine Reaktion von ihm bekam. Inzwischen war sich Jan auch nicht mehr sicher ob es Karl wirklich war. Er blieb stehen und musterte den Menschen, der sich wieder von ihm entfernte. Das musste Karl sein, niemand sieht so aus wie, das hätte Jan gewusst. Er steigt wieder auf und fährt bis neben ihn. „Karl“, beginnt er wieder. „Bist du es nicht?“ Der Mann blickt ihn an und Jan konnte ihm in die Augen sehen. Es war nur eine kurze Verbindung. Er sah im tief in die Augen, er konnte sein Innerstes erkennen; jedenfalls glaubte Jan das. Er sah Schmerz und Trauer. Aber Genauso sah er Hilflosigkeit und Vergessen. Ein Vergessen, das diesem Mann nicht erlaubt sich wieder an seinen ehemaligen Arbeitskollegen überhaupt zu erinnern. Der Mann ging weiter als Jan anhielt und ihm der Atem stockte. Es war eine Begegnung der besonderen Art. Es erinnerte ihn an den Mann eines morgens in der Messwarte, der den selben Blick hatte. Als er gerade wieder losfahren wollte um diesem Karl noch einmal nachzusetzen. Wird er hart am Arm gegriffen. „Bleiben Sie bitte stehen, hier wird eine Stufe 5 Barriere aufgebaut und ich kann Sie nicht durchlassen.“ Ein Mann vom W.E.R.K.S.C.H.U.T.Z. hatte ihn bei der Arbeitskleidung. „Ich denke nicht dass Sie hier lang kommen, also drehen Sie schleunigst um.“ Als Jan sein Gesicht vom Wachmann in Richtung Karl abwendete, war Karl fort und nicht mehr auf der Strasse.


In der Messwarte, spricht er den Vorarbeiter an: „Mir ist gerade etwas seltsames passiert: Ich habe gerade Karl getroffen. Den alten Karl.“ Er versuchte zu lächeln und schlug ihm brüderlich auf die Schulter, doch irgendwie konnte sein Vorarbeiter seine Begeisterung nicht teilen. Er blickte zu ihm auf und sah ihn einfach nur an. Jan ging von seinem Pult weg. Er verstand es als ablehnende Geste, doch fand er es höchst merkwürdig. Hatte es was damit zu tun, dass er Karl damals hatte gestrichen? War ein Gruppentenor gegen ihn entstanden, oder war es nur der Vorarbeiter? Im Augenwinkel bemerkt Jan beim herausgehen, dass der Vorarbeiter zum Hörer greift und eine Meldung abgibt. Jan rieselte es kalte Schauern herab, als er sich der Situation bewusst wurde. War man seiner kleinen Investigation selbst auf die Schliche gekommen? Er hatte sich keine Viertelstunde von der Arbeitstelle entfernt. Hatte man seine kleine Ausrede durchschaut? Er konnte es sich nicht erklären. Sogar sein Vorarbeiter machte über ihn Meldung. Verhielt er sich anderen gegenüber sonderbar? Oder anders als sonst? Er quälte sich mit Zweifel.

* * *

Er beschloss Hinterfürth aufzusuchen, obwohl es nicht von ihm verlangt wurde. Er wollte ihn zur Rede stellen, was das alles zu bedeuten hatte. Es gingen einfach zu viele seltsame Dinge vor sich. Er ging in den Korridor für die Büroangestellten, dort war es ausnahmslos ruhig. Keine Sekretärinnen an ihren Pulten. Er klopfte dezent an die Tür des Anlagenleiters Hinterfürth. Es war nichts zu hören. Jan drückte die Klinke herunter und tat vorsichtig einen Schritt weit ins Zimmer, um zu erkennen, dass niemand da war. Jan ging bis vor den Schreibtisch und wieder war alles voller Papierkram. Er dreht den Kopf um de Buchstaben richtig herum lesen zu können. Mehrere Zettel mit Anträgen für diverse Dinge, unter anderem Anträge auf  Versetzungen. Das machte ihn neugierig. War sein Name dabei? Versetzungen, die vom Chef ausgehen, sind wenig vorteilhaft für den Betreffenden, weil es immer um eine Abstufung geht.  Kein Zettel über ihn, aber etwas anderes fing seinen Blick. Es war Karls Akte auf dem Tisch. Noch zugeklappt, aber griffbereit. er schlug die erste Seite auf. Personalien. Foto. Vita. er blätterte m, die Stellen suchend , die die letzte Woche beschreiben. Diese Seiten fehlten. Sie waren nicht in der Akte. Also mussten sie noch unter den restlichen Zetteln und Papieren auf dem Tisch sein. Jan fühlte sich beobachtet und klappte die Akte einfach wieder zu. Ihm fielen weitere Blätter herunter und die Unordnung auf dem Tisch wurde etwas kleiner. Er hob die Blätter auf und wollte sie auf den Stapel legen, als er wieder auf eine Akte blickt. Etwas von höchster Stufe. Es musste Sicherheitsstufe sechs oder sieben sein, er konnte es nicht genau erkennen. Er kramte die restlichen Zettel beiseite und schlug den Ordner auf.

* * *

Mit angespannten Nerven kleidet er sich um. Die Dusche hatte er ausgelassen um als einziger in der Umkleide zu sein. Er versteckte die Akte immer noch in seinem Arbeits-Overall und verstaute sie nun vorsichtig in seiner Arbeitstasche. Das war höchst brisant. Mit diesen Akten in der Hand durfte er nicht erwischt werden. Er hatte nur wenig erhaschen können, doch was er gelesen hatte, reichte ihm als Grund für diesen dreisten Verstoß gegen jedes Reglement. Es war mehr als bloße Information, es war eine Bestätigung seiner Vermutungen. Er packte seine Tasche mit allen Sachen voll und brach auf. Er verließ die Umkleide und die Anlage, setzte sich af sein Rad und fuhr los. Vorbei an riesigen Aufbauten aus VA und Tragegerüsten aus gegossenem Metall. Er fuhr an den Urethan Kolonnen vorbei und bemerkte, dass er von einem Auto verfolgt wurde. Er bekam es mit der Angst zu tun. Er hielt die Arbeittasche mit einem Arm umklammert, während er fuhr. Er wurde schneller in der einsamen Hoffnung, das Auto würde von ihm ablassen oder abbiegen. Vielleicht wollte es auch gar nichts von ihm und er machte sich umsonst verrückt. Aber das Auto holte auch nicht auf. Am Tor überlegte Jan ob er absteigen sollte oder einfach durch die Fußgängerseite fahren. Denn die war zwar bewacht aber immer offen für heimkehrende Arbeiter. Er wollte gerade die freie Durchfahrt genießen, als ein W.E.R.K.S.C.H.U.T.Z.- Bediensteter herauskam und es ihm schwierig machte durch den Weg zu gelangen. Er dachte auch nicht mehr ans Stoppen. Er gab Gummi und wollte nur nach Hause. Jan war am Schwitzen vor Anstrengung, sein Puls beschleunigte noch aber innerlich waren seine Gedanken, weit entfernt von dieser Hetzjagd. 

 Inzwischen hatte es das Auto geschafft durch das Tor zu gelangen und nahm weiter Verfolgung auf. Immer wieder blickte Jan zurück zum Tor, in Erwartung dort würde gleich eine ganze Brigade des W.E.R.K.S.C.H.U.T.Z. herausmarschieren um ihm nachzusetzen. Im grauste. Er bog ein und bremste mit einem mal scharf. Beinahe wäre er gegen eine Einzäunung gefahren. Eine Einzäunung die verhindert, dass er zu seinem Wohnbezirk kam. Wenn er nur um die Ecke ging, dann könnte er sein Haus schon sehen. Er entschied sich für den direkten Weg. Stieg ab und lehnte das Fahrrad gegen den Zaun. Er ging schnell. Schneller als, dass man es als’gehen’ bezeichnen könnte. 

Wieder traf ihn der Schlag doch diesmal so hart, dass er beinahe umgekippt wäre, statt dem Haus, wo er immer gewohnt hatte, standen dort Baumaschinen, die das Erdreich aushoben. Riesige Bagger und eine Menge Bauarbeiter, die sich um den Aushub kümmerten. Sein Haus war weg, vermutlich abgerissen, doch wo war seine Frau. Nachdem was er in der kurzen Zeit über Karl in der Akte in Erfahrung bringen konnte, wusste er, dass er sie für längere Zeit das letzte mal gesehen hatte. Vermutlich war auch seine Frau in eine der Centern verfrachtet worden. Vermutlich war auch Karl da.
 Einer der Bauarbeiter wurde auf ihn Aufmerksam. Jan sieht nur wie er auf ihn zeigte. Er machte keine hastigen Bewegungen, versuchte aber  auf dem sandigen Untergrund möglichst schnell fortzukommen. Er umklammerte immernoch seine Arbeitstasche. Hinter ihm schrieen die Bauarbeiter inzwischen etwas undefinierbares zu ihm herüber. Jan blickt sich um, es laufen sogar die Leute aus dem Auto hinter ihm her. Sie waren inzwischen ausgestiegen und setzten ihm nach. Ein Bagger rollte sogar los, war aber viel zu langsam. Trotzdem bildete sich Jan ein, das Geräusch von rollenden Fahrzeugen hinter sich zu hören. Er rannte einfach weiter über das unplanierte Bauland, wo früher die Straße war, wo Häuser standen, wo Bäume standen und die Grenze von C21 war. Er rannte immerfort mit panischer Angst, die Rufe in seinem Nacken, er bildete sich Hubschrauber über ihm zu hören, sah aber keine, weil er sich in einen Wald geflüchtet hatte. Er dachte nicht darüber nach, aber das Schicksal spielte ihm das Loch in der Distrikt-Umzäunung just auf dieser Baustelle zu.  Er rannte immer noch. Ungeahnte Reserven machten sich freie, als er Megafon-verstärkte Stimmen, mit Drohungen und Rufen hörte. Er konnte es sich auch eingebildet haben, aber Fakt war, dass es ihm den Antrieb gab zu laufen. Seine Angst war sein Motor. Zurück konnte er erst mal nicht. Vielleicht später. Davor hatte er noch mehr Angst. Vielleicht.

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